Rezension: Die Kuh- Eine Hommage- Werner Lampert-teNeues

Werner Lampert, der Autor dieses reich bebilderten Buches, ist der führende Nachhaltigkeitsexperte in Österreich. Als Bio-Pionier befasst er sich seit den 1970er-Jahren intensiv mit biologischem Anbau. Gemeinsam mit einem Expertenteam hat er sich auf die Entwicklung, Erzeugung und Vermarktung nachhaltiger Bio-Produkte und Konsumgüter spezialisiert. Des Weiteren ist er Autor von drei Büchern und initiierte das Online-Magazin "Nachhaltigkeit. Neu denken."

In seinem Werk "Die Kuh- Eine Hommage", das er  gemeinsam mit einem Fotografen-Team realisiert hat,  vermittelt er, dass unsere religiöse, kulturelle und gesellschaftliche Entwicklung ohne Rinder nicht denkbar gewesen wäre. Schon circa 10 000 bis 12 000 Jahre leben Menschen mit und von Rindern. Diese Tiere machten die Erschließung von Gebieten möglich, zu denen sich der Mensch ansonsten nie vorgewagt hätte. 

Im Rahmen von 16 Kapiteln werden Rinder aus aller Welt vorgestellt. Davor allerdings geht der Autor verschiedenen Fragen nach, als da sind: "Warum ist das Rind unser Gefährte?", "Woher kommt unser Gefährte?", "Wie wurde das Rind zu unserem Gefährten?“ "Was lernen wir von unserem Gefährten und was lernte es von uns?"

Bereits vor 30 bis 40 Millionen Jahren begann das Rind sein Vormarschsystem. Seine Ursprünge liegen vermutlich südlich des Himalayas. Dessen Diversifizierung in die Stämme Bovina, Bubalina und Pseudorygina fand vor etwa 13 Millionen Jahren statt. Man liest wie es zu den Vorarten kam und warum die Beziehung zwischen Mensch und Rind ein uraltes Band ist. In diesem Zusammenhang erfährt man auch von dem Auerochsen, dessen Auslöschung durch den Menschen dokumentiert wurde. Diese Tiere wurden zum Symbol der Inbesitznahme der Natur und des daraus zu ziehenden Nutzens.

Das kultische Opfer des Rindes in der frühen Zivilisation muss man wohl als Versöhnungsgabe werten, um die Götter wieder gnädig zu stimmen und die kosmische Ordnung wieder herzustellen, weil man das Tier domestiziert hatte. Mit dem Domestizieren des Rindes habe der Mensch auch sich selbst domestiziert und zwar für eine neue Erfahrung. Nun erschuf der Mensch eine Umgebung für die Tiere, die den Bedürfnissen des Gefährten "Rind" entsprach. Die Verhaltensmuster des Menschen zu diesem Tier wurden über Generationen weitergegeben. Dazu scheint es noch ein Beziehungshormon zu geben, dass bei beiden Lebewesen gleich ist und welches deren soziale Interaktion vereinfacht. 

Der Hirte und die Herdesein ist für uns ein archetypisches Seelenbild, so der Autor, das wir in unsere Menschheitsentwicklung aufgenommen haben und in uns tragen. 

Im 16 Kapiteln lernt man wahrhaft viele unterschiedliche Rinderrassen aus unterschiedlichen Kontinenten textlich und durch beeindruckende Fotos näher kennen, erfährt u.a. stets Näheres zur Körpergröße, zur Abstammung, dem Wesen, der Besonderheit und der Verbreitung. Jedes Kapitel beginnt mit allgemeinen Erläuterungen. Bei den Rinderkulturen in Afrika beispielsweise geht es um die Kühe in den dortigen Schöpfungsmythen, um den afrikanischen Auerochsen und sein Erbe, um Zebus, Buckelrinder, aber auch um die innige Beziehung und das symbiotische Miteinander. 

Dann liest man u.a wie es speziell in der Sahara zu einer besonderen Form des Miteinanders von Hirten und Rindern kam und später dann, dass die Kuh es war, die den Menschen dazu brachte, sein Eins- und Gleichsein mit allem, was lebt, anzuerkennen. Mahatma Gandhi war genau hiervon überzeugt. 

Seite für Seite wird dem Leser und Bildbetrachter dieses schöne Tier vertrauter, das in unterschiedlichen Landschaften oft wie eingepasst wirkt, wie etwa in Graubünden in der Schweiz das "Rätische Grauvieh"

Über die sogenannten Keltenrinder wird man unterrichtet und kann sich mit den Galloway-Rindern befassen, die sofern sie frei aufgewachsen sind, sofort auf Angriff gehen, wenn man ihnen zu nahe kommt. 

Bisons sind ein Thema, auch Wisente in Polen, die in Europas letztem Urwald leben, aber auch Maduras aus Indonesien und Zebus aus dem asiatischen Raum. 

Es führt zu weit, im Rahmen einer Rezension auf all die Tiere einzugehen, die im Buch vorgestellt werden oder diese auch nur aufzuzählen. 

Eine wirkliche Schönheit ist das Sacha Ynaga aus Jakutien/Russland mit seinen beeindruckend wachen  Augen. Das weibliche Tier gibt 1000 Liter Milch im Jahr, wobei der Fettanteil 5 Prozent beträgt. Diese Rinder sind ein Kulturgut und eine bedeutende Genreserve für den Klimawandel.  Sie  können fühlen, leiden und vermissen wie man liest und ihr Glücklichsein drücken sie angeblich mit starken Emotionen aus. 

Von der Kuh in der Mythologie und Ritualen der Gegenwart und Vergangenheit, in denen Kühe die Hauptrolle spielen, liest man ebenso wie von den Rindern in der Kunst. Dann lernt man eine ganze Reihe französischer Rinderrassen kennen. Die Salers sind ein Göttergeschenk, weil sie durch ihre rote Farbe ganz besonders attraktiv sind. Andalusische Rinder und wiederum andere aus der Neuen Welt sind immer noch nicht alles, was es zu sehen gibt und man kann sich mit der Milch der Kühe ausgiebig befassen, die bekanntermaßen der Gesundheit des Menschen zuträglich ist. 

Alles in allen ist das Buch über Kuhrassen und Wildrinder ein Appell, die Artenvielfalt zu bewahren und achtsamer mit den Tieren umzugehen. Massentierhaltung ist natürlich kontraproduktiv, wenn man es mit der Bewahrung der Artenvielfalt Ernst meint. 

Ein großartiges Werk, das ich sehr gerne weiterempfehle, denn es schafft Bewusstsein.

Helga König

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Die Kuh. Eine Hommage - Das Buch mit berührenden Fotografien ursprünglicher Rinderrassen aus aller Welt und umfassenden Informationen (Deutsch) - 26x29,8 cm, 480 Seiten

Rezension: Vom Glück mit Hühnern zu leben- Manuela von Perfall & Jessica Jungbauer- Callwey

Die Autorin dieses Werkes ist Manuela von Perfall, die mit Hund, Papagei und Huhn auf einem Hof in der Nähe von München lebt. Jessica Jungbauer arbeitet als Fotografin und Autorin in Berlin. 

Im vorliegenden, reich bebilderten Buch stellen sie Hühnerfreunde und ihre Geschichten vor. Dabei liest man im Vorwort bereits etwas über die Historie dieses Tieres, das man im 6. Jahrtausend v. Chr. in China bereits kannte. 

Zwölf Frauen und ihre Hühner werden thematisiert. So erfährt man  auch stets, was deren Lieblingshuhn ist. In den einzelnen Textbeiträgen lernt man viel über das Verhältnis Mensch und Huhn. Jede der Damen trägt etwas zum "Hühner-ABC" bei, das sich alle merken sollten, die demnächst auch Hühner als Haustiere halten möchten. 

Isabelle Kerschbauer vom Ursteiner Hof erklärt, was Hühner fressen, was sie brauchen und welches Huhn am besten zu einem passt, während die Journalistin Canan Topcu  uns wissen lässt, dass Hühner sie erden und ihre Seelenverwandten sind. Sie mag federfüßige Zwerghühner am liebsten. Diese Tiere sollen übrigens weniger Bewegungsdrang als glattfüßige Rassen haben. Die Journalistin sagt u.a. "Hühner lassen sich nicht auf Kommando zähmen. Um ihr Vertrauen zu gewinnen, empfehlen sich, Geduld, Gespräch und Zurückhaltung."  Hühner sind uns Menschen offenbar gar nicht so unähnlich.

In einem Interview mit dem österreichischen Theater-, Film- und Fernsehschauspieler Gregor Bloéb, der auch Hühner züchtet,  - er ist der einzig befragte Mann im Buch-  sagt dieser, wie er auf die Idee kam, Hühner zu halten. Doch über sein Lieblingshuhn erfährt man leider nichts. Dafür  verrät er dem Leser ein Rezept für ein Huhn. Typisch Mann.

Anders verhält es sich bei Katharina de Ganay, die das "Sulmtaler" zu schätzen weiß, weil es eine hohe Legeleistung besitzt und leicht mästbar ist. Sie ist es auch, die die Leser wissen lässt, dass manche Hühner ab und an auf den Bäumen übernachten und dass sie nicht schwimmen können. 

Die Herzogin von Bayern mag ihre freien Hühner. Unterwürfige Salonhühner sind demnach nicht ihr Ding. Drei Lieblingshühner hat sie, mag auch deren Mischlinge und weiß, dass man diesen Tieren in puncto Optimismus und Beharrlichkeit etwas abschauen kann. Dass ihre Küken selbst auf dem mit Nympenburger Porzellan eingedeckten Tisch herumhüpfen dürfen, beweist ihre Tierliebe. 

Marianne Bauer lernt man anschließend kennen. Sie betreibt in der 6. Generation eine Land- und Viehwirtschaft im oberbayerischen Alpenvorland und vermittelt, was Tierliebe heißt. Auch die anderen Damen, die man durch die Textbeiträge und Interviews kennenlernt, erweitern die Kenntnisse über Hühner unterschiedlichster Art. 

Die Unternehmerin Eva Büchner mag den "Antwerpener Bartzwerg" am liebsten, der unkompliziert in der Haltung ist. Auf ihrem Hühnerspeiseplan stehen schwarze Sonnenblumenkerne, geschroteter Mais, gehackte Eierschalen, Kräuter aus dem Garten getrocknete Mehlwürmer und Käsekuchen. Dabei muss man wissen, dass Käse und Joghurt die Hühner zum Eierlegen anregen. 

Man erfährt wenig später, was Hühner zum Glücklichsein brauchen. Wichtig sind  vor allem Gebüsche, Verstecke, Grünflächen, Möglichkeiten zum Scharren und Sandbaden. Ein Kompost oder Misthaufen in der Nähe soll für sie übrigens der 7. Himmel sein. 

Über die sogenannte Hackordnung und das Komfortverhalten liest man Wissenswertes und auch das über den psychologischen Nutzen von Hühnern. Ein Interview  mit Dr. Karin Hediger ist sehr lesenswert. Hühner werden u.a. aus therapeutischen Gründen in Schulen eingesetzt, auch in Altersheimen. Sie funktionieren als Brückenbauer und sollen bei Depression, Angst, Autismus, Schwierigkeiten im Sozialverhalten, auch bei körperlichen Erkrankungen helfen. Wichtig ist, nicht nur ein Tier zu halten, denn Tiere möchten mit Artgenossen kommunizieren. Auch ist es wichtig, sie artgerecht zu halten. Dabei muss man wissen, dass nicht alle Hühner Kuscheltiere sind. Es ist notwendig, die Persönlichkeit des Tieres zu respektieren und sie zu nichts zwingen. 

Schön zu erfahren, dass es eine Organisation gibt, die 60 000 "ausgedienten" Legehennen einen artgerechten Lebensabend schenkt. 

Ich staune über die Hühnervielfalt und den liebevollen Umgang mit den Tieren. Im "Lookbook" zum Schluss lernt man diverse Hähne und Hennen im Großformat kennen. Besonders schön ist der "Amrock Hahn, gestreift", der sehr kinderfreundlich sein soll. Betont witzig schaut die "Zwergpaduaner Henne" aus, die als Italo-Schönheit gilt. 

Am Ende des Buches warten die Besitzer der Hühner mit einigen Eierspeisen auf. Sogar ein Eierlikör ist dabei. Damit zeigen sie die Nützlichkeit der Tiere, ohne diese sogleich in den Topf zu stecken und sie in einer Suppe zu verarbeiten. Lobenswert! 

Sehr empfehlenswert 

Helga König

Im Fachhandel erhältlich

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Vom Glück, mit Hühnern zu leben: Hühnerfreunde und ihre Geschichten